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Himmelfahrtsworkshop in Russow – Viel Elan rund um die Kirche

15.05.1999

50 Mitglieder des Vereins zur Kunst- und Kulturförderung in den neuen Ländern legen während eines dreitägigen Arbeitseinsatzes das Außenmauerwerk der Russower Dorfkirche trocken.

Russow. Man muß schon – im positiven Sinn – einigermaßen verrückt sein, um sich in den Kopf zu setzen, im Osten Baudenkmäler wieder flottzumachen, die über Jahrzehnte vernachlässigt wurden und verfielen, und für deren Sanierung auch heute kein Geld vorhanden ist.

50 solcher „Verrückter“ wirbeln noch bis morgen nachmittag rund um die frühgotische Russower Dorfkirche. Die jungen Leute – meistens Studenten oder Referendare aus allen Ecken Deutschlands – heben mit Schaufel und Spitzhacke in einer Breite von zwei Metern und in einer Tiefe von 1,30 Metern rund um die Außenwand der Kirche ein Traufbett aus, das anschließend mit Kies verfüllt wird. Viel zu viel Mutterboden, der die Feuchtigkeit gut hält, hat an der Kirchenmauer eine schädliche Durchfeuchtung verursacht. Einige Mädchen befreien die Metallbeschläge der Kirchentür von Rost und streichen die Teile neu. Gestern wurde auch noch im Laufe des Tages eine Drehleiter erwartet, um die Fragmente der Dachrinnen abbauen zu können, die schon längst nicht mehr für Entwässerung, sondern für Sturzbäche am Außenmauerwerk sorgen. Wenn die Baumaßnahme morgen nachmittag abgeschlossen sein wird, sind die Voraussetzungen für ein Austrocknen der Außenmauer der Russow Kirche geschaffen – ein wertvoller Beitrag zur Erhaltung der denkmalgeschützten Bausubstanz.

Das Geschehen in Russow ist ein Projekt, das für die Tätigkeit des Vereins für Kunst- und Kulturförderung in den neuen Ländern typisch ist. Der Verein gründete sich vor sechs Jahren in den Altbundesländern mit dem Ziel, bedrohte Baudenkmäler und Kunstobjekte im Osten zu sichern. 560 Mitglieder aus ganz Deutschland im Alter zwischen 18 und 30 Jahren gehören ihm heute an.

„Es ist Idealismus pur. Uns verbindet der gemeinsame Wunsch, nicht nur Papier zu bewegen, sondern in den neuen Ländern kräftig anzupacken. Und natürlich kommen auch der Spaß beim Zusammensein in der Gruppe und das Kennenlernen bisher weitgehend unbekannter Landstriche unserer Heimat nicht zu kurz.“ , umreißt Vorstandsmitglied Alexander Louis Meßner, ein 28jähriger Jura-Referendar aus Berlin, das Anliegen.

Cosima Gerke (23) stimmt zu. Sie studiert Textilmanagerin in Hamburg und ist bereits beim zehnten Workshop dieser Art mit von der Partie. Geld verdient wird dabei nicht – eher kräftig draufgezahlt. Denn die Workshop-Teilnehmer finanzieren die Anreise selbst. In einigen Fällen ein echter Kostenfaktor, wie bei Joachim Bokon aus Bayreuth.

Vom Förderverein für die Dorfkirche Russow wurde der Einsatz prima vorbereitet, und etliche Einwohner ließen es sich nicht nehmen, Kaffee und selbstgebackenen Kuchen vorbeizubringen, erzählt Markus Turck aus Düsseldorf. Einige Bürger aus dem Dorf machen ganz spontan mit. Weitere kräftige Hände sind jederzeit willkommen.

Nach der Anreise der fleißigen Helfer am Himmelfahrtstag gab es abends im Roggower Schloß erst einmal einen Grillabend mit den Mitgliedern des Fördervereins, der dem Kennenlernen diente. Gestern morgen wurde dann mit Volldampf und viel guter Laune losgelegt. „Die jungen Leute leisten eine tolle Arbeit, sind echt engagiert“, so Peter v. Oertzen und Gemeindebürgermeister Eckhard Nagel anerkennend. Sie und weitere Mitglieder des Fördervereins packen selbst kräftig an, und Baufachmann Nagel kümmert sich um den sachgemäßen Ablauf der Sanierungsarbeiten an der Kirche.