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Himmelfahrtsworkshop in der Burg Runneburg – Teil 2

06.05.1995

Die Runneburg in der Landgrafenstadt Weißensee gehört mittlerweile zu den aufsehenerregendsten Neuentdeckungen der deutschen Burgenlandschaft. Bei Entkernungsarbeiten – und leider auch infolge von Einstürzen – kamen in den letzten
Jahren einmalig gut erhaltene Bauteile der aus dem 12./13. Jahrhundert stammenden Residenz der Landgrafen von Thüringen zum Vorschein. Leider standen die neuen Erkenntnisse über den hohen kulturgeschichtlichen Rang der Runneburg in krassem Widerspruch zum gegenwärtigen Erscheinungsbild. Wesentliche Teile der Anlage waren 1978 bauaufsichtlich gesperrt worden und erst ab 1991 konnten umfassende Sanierungsarbeiten beginnen. Da ungeklärte Eigentumsverhältnisse einen Stillstand bei der konstruktiven Sicherung erahnen ließen, hat sich unser Förderverein in die
Pflicht nehmen lassen, indem er die Burg gepachtet hat.

Seitdem hat unser etwa 500 Mitglieder zählende Verein etwa 5,5 Mio. Mark Denkmalpflegemittel als Bauherr akquiriert und eingesetzt. Der Sanierunsbedarf wird von Fachleuten insgesamt mit etwa 30 Mio. Mark angegeben. Inzwischen gehört die 1,5 ha große Burganlage zum Bestand der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten Rudolstadt.

Bei einer dermaßen großen Aufgabe und Verantwortung waren und sind wir auf die vielfältigsten Formen der Unterstützung angewiesen.

Insofern war der über die Deutsche Burgenvereinigung e.V. vermittelte Kontakt zum VKF ein Glückstreffer, denn hier lernten wir junge und engagierte Leute kennen, die sich uneigennützig für die Kultur- und Denkmallandschaft im Osten Deutschlands einsetzen wollten. Also wurde 1994,1995 und 1996 drei Workshops organisiert, die von vielen Beteiligten – so auch mir – als beinahe legendäre Veranstaltungen empfunden wurden und in unsere Vereinschronik eingingen. Da wäre z. B. der enorme Kraftakt, als an einem Wochenende 1000 Tonnen Steine, Bauschutt usw. bewegt wurden und dadurch das Burggelände sowie Teile der Burgmauer in einen verkehrssicheren Zustand versetzt wurden. Allein von der dadurch bedingten optischen Aufwertung werden wir lange zehren können. Im Rahmen des zweiten Workshops kam es dann zum symbolträchtigen 1. Spatenstich am Steinschleuderprojekt. Durch Mitglieder des VKF wurden die erste riesige Eichenbalken in das Erdreich verlegt, die später als Grundgerüst für den 18 m hohen originalgetreuen Nachbau einer mittelalterlichen Steinschleuder dienen sollte. Dieser wurde im Juni1997 vollendet und gilt inzwischen als weltweit größte funktionstüchtige Rekonstruktion einer mittelalterlichen Belagerungsmaschine. Sie kann max. 100 kg schwere Steine bis zu 500 m weit werfen.

Damit war der VKF an einem außerordentlichen öffentlichkeitswirksamen Projekt von Langzeitwirkung beteiligt, denn es geht letztlich auch darum, ein Bauwerk nach erfolgreicher Sanierung mit Leben zu erfüllen.

Alle drei Workshops boten neben Arbeit auch ausreichend Gelegenheit zur Diskussion und zum gegenseitigen Kennenlernen.

Obwohl seit dem Umbruch im Osten schon viele Jahre vergangen waren konnten die Mitglieder beider Vereine viel Interessantes voneinander erfahren, wobei einige Uninformiertheiten und unbegründete Vorbehalte gleich mit „erledigt“ wurden.

Inzwischen haben sich hier und da weitere Kontakte und weiterführende private Verbindungen ergeben und unsere Burg wird dem VKF immer offen stehen – nicht nur zur Arbeit. Der Runneburgverein und der VKF können mit ihren Mitgliedern noch viel mehr bewegen als 1000 Tonnen an zwei Tagen.

Thomas Stolle, Vors. Runneburgverein