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Himmelfahrtsworkshop in Quilow

13. – 15.05.2010

VKF-Himmelfahrtsworkshop in Quilow aus
Salemer Sicht

Der Anruf vom VKF kam für den Schulsprecher des Internats Schloss Salem tatsächlich etwas überraschend: „Hallo, ich bin Vincenz von Braun, bla bla bla, ich war auch mal in Salem, bla bla, habt ihr nicht Lust bei der Restauration eines verfallenen ostdeutschen Schlosses zu helfen?“

Ein verlockendes Angebot, doch das Für und Wider musste zunächst erörtert werden:

„Bedeutet das Arbeit?“

„Ja.“

„Hm, das könnte schwierig werden, der Schulleitung wird es zu gefährlich sein…“

„Ihr hättet schulfrei.“

„Es ist uns eine Ehre!“

 

Alle moralischen Argumente sprachen für die Beteiligung an dem wohltätigen Projekt des VKF und so dauerte es nach der ersten Anfrage nicht lange, dass sich unsere kleine Gruppe arbeitswilliger Primaner zusammenfand, um sich zur Unterstützung des VKF am Donnerstag vor Himmelfahrt auf den langen Weg vom Bodensee zur polnischen Grenze zu machen- wir alle fest entschlossen, Vorpommern nicht zu verlassen, ehe Schloss Quilow wieder in altem Glanz erstrahlt wäre…

Zugegeben: Als uns nach schier unendlicher Fahrt durch das brandenburgische Plattenbaugebirge das mit Abstand größte statische Wunder nördlich von Pisa als unser Arbeitsplatz Schloss Quilow vorgestellt wurde, empfanden wir eine gelinde Abkühlung unserer inneren Glut; und während wir später ein baufälliges Gebäude von innen sahen, in dem wir für die Dauer unseres Einsatzes Quartier beziehen sollten, erreichte unsere Arbeitsmotivation einen bedrohlichen Tiefpunkt. Dem einen oder andern schoss vermutlich auch durch den Kopf, dass man, bevor man sich an die Sanierung der schiefen Türme von Quilow wagte, vielleicht erst einmal mit diesem großen, weißen Bau anfangen sollte, der wohl ursprünglich nur klassizistisch geplant war, jetzt aber tatsächlich an das Schicksal der antiken Tempel Griechenlands gemahnte- zumal als wir erfuhren, dass es sich dabei um ein noch immer genutztes Rathaus handelte. Aber wir ließen uns, als Internatsschüler an karge Lebensräume gewöhnt, von nichts unterkriegen und fingen fleißig mit der Arbeit an.

Diese fand zu unserer Überraschung hauptsächlich gar nicht im Schloss selbst, sondern in einem gegenüberliegenden Verwalterhaus statt, das in den nächsten Jahren wieder nutzbar gemacht werden sollte. Die verschiedenen Tätigkeitsbereiche wurden den einzelnen Freiwilligen entsprechend ihrem Verhältnis von Intelligenz und Körperkraft zugeteilt, was naturgemäß dazu führte, dass der Autor dieses Artikels, unter anderem zusammen mit dem Vorsitzenden des VKF, für das Ausheben und Wegkarren von Dreck eingesetzt wurde, während die weniger Privilegierten Fenster verglasen oder Regenwasserrinnen installieren mussten. Essenspausen mit- größtes Kompliment an die Verantwortlichen!- umwerfend köstlichen Speisen unterbrachen die ungewohnten Anstrengungen zwar regelmäßig, aber doch so selten, dass man sowohl die vorgenommene Arbeit als auch sich selbst am Ende jedes Tages erledigt vorfand.

Die Kraft reichte aber allabendlich noch für gemeinschaftliche Aktivitäten wie Kajakfahrten und das obligatorische Fußballspiel mit der Dorffußballmannschaft (die diesmal dank Salemer Unterstützung auf der VKF-Seite nicht ganz so deutlich überlegen war) und bald knüpften sich die schon bei der Arbeit entstandenen Freundschaften zwischen Salemer Grünschnäbeln und eingefleischten VKF-Mitgliedern immer enger.

Das Wochenende verging im Wechsel von Arbeit und Vergnügen wie im Fluge und als wir, gerade aus dem zufriedenen Schlummer nach der Abschlussfeierlichkeit erwacht, am Sonntagmorgen wieder abfuhren, empfanden wir alle ein unbestimmtes Glück. Zwar möchte ich nicht bewerten, inwieweit dieses dem am Vorabend in großzügigen Mengen ausgeschenkten Bier zu verdanken war- wie auch unsere Entscheidung, geschlossen dem VKF beizutreten-, doch weiß ich, dass wir Quilow in der Gewissheit verließen, nicht nur einen bescheidenen Beitrag zum Erhalt unserer Kultur geleistet, sondern auch neue Freunde gefunden zu haben. Wir jedenfalls wollen wiederkommen!

Jan Engelhardt