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Erster VKF-Workshop im Residenzschloss Milow

1993

Das Schloß Mirow wurde von dem mecklenburgischen Herzog Adolf Friedrich III. in den Jahren 1749-1752 errichtet. Das Mitten in der mecklenburgischen Seenplatte gelegene Schloß wurde nie für ständige Wohnzwecke genutzt, so daß der einmalige Bauzustand des Schlosses seit seiner Entstehung nahezu unverändert blieb und bis heute ein einzigartiges Baudenkmal seiner Zeit darstellt. Unter den hier tätigen Handwerkern und Künstlern befanden sich so hochrangige preußische Bildhauer wie Johann Melchior Kambly und Peter Schwitzer, die beide auch einen wesentlichen Anteil an der Ausgestaltung des Potsdamer Stadtschlosses unter Friedrich II. hatten. Die Gartenanlage in Mirow wurde von dem Baumeister Julius Löwe nach ähnlichen Prinzipien wie der noch heute erhaltene Neustrelitzer Park gestaltet. Aus Anlaß des Begräbnisses des letzten Großherzogs von Mecklenburg-Strelitz im Jahr 1918 wurde die dem Schloß vorgelagerte Liebesinsel errichtet, auf der sich ein Grabmal befindet.

Nach der Enteignung der herzoglichen Familie nach dem ersten Weltkrieg wurde das Mirower Schloß als Offiziersheim für die Wehrmacht, als Lazarett, als Filmkulisse und bis 1979 als Seniorenheim genutzt. Mitte der achtziger Jahre begann die umfassende Sanierung des Schlosses. Die Dachkonstruktion wurde mit Stahlankern gesichert und die Westwand des Festsaales konnte mit Hilfe dreier Zuganker vor dem Einsturz gerettet werden. Während der Zeit der Wiedervereinigung wurde ein vorläufiger Baustopp verfügt. Durch das Engagement des ortsansässigen Schloßvereins konnten dennoch im Januar 1991 die ersten Räume in alter, neuer Schönheit präsentiert werden. Der Verein hat sich zum Ziel gesetzt, die Restaurierung und Rekonstruktion des Schlosses, des Parks und der Brücken voranzutreiben.

Ein Stück innere Einheit

Der erste VKF-Workshop überhaupt wurde in Zusammenarbeit mit dem Förderverein Residenzschloß Mirow durchgeführt. Die meisten Mitglieder dieses Vereines sind ortsansässig und kümmern sich um die Wiederherstellung des leider völlig baufälligen Schlosses Mirow.

Nach erwartungsvoller Busfahrt aus dem Rheinland kommend erreichten wir Mirow am frühen Freitagabend und hatten gleich Gelegenheit, die Vereinsfreunde von Mirow besser kennenzulernen. Die Stimmung war zuerst verhalten, man belauerte sich mißtrauisch. Wir konnten mit der damals stark von der DDR geprägten Mentalität nicht so recht warm werden. Leider haben wir uns anfänglich verkrampft und verklemmt gegeben. Diese Unsicherheit entsprang aus dem festen Wunsch, auf keinen Fall als ein „Besser-Wessi“ darzustehen.

Auch unsere Gastgeber fühlten sich in der ungewohnten Situation nicht gelöst. Sie trauten dem Braten nicht. Da kam ein Haufen junger, gebildeter Menschen, die nichts besseres zu tun hatten, als im Herbst für ein Wochenende bei saumäßiger Kälte freiwillig zu arbeiten. Bis dahin waren nur Abzocker aus dem Westen in Mirow aufgelaufen. Die meisten wollten aus dem Schloß ein Hotel machen und sich schnell bereichern. Im Laufe des Abendessens verbesserte sich aber die Atmosphäre dank zahlreicher einzelner Gespräche. Eine Vertrauensbasis entwickelte sich, wenn auch sehr langsam.

Nach einer irre kalten Nacht in einer Jugendherberge begann die Arbeit Samstag schon am frühen Morgen. Der anhaltende Frost tat unser guten Laune und unserem Tatendrang zum Glück keinen Abbruch. Auf dem Programm stand die „Restaurierung“ der Brücke zur Liebesinsel. Genaugenommen haben wir das zauberhafte schmiedeeiserne Geländer vom Rost befreit und mit einem Anstrich winterfest gemacht. Gleichzeitig sind unsere abgebrühtesten Mitglieder im dem das Schloß umgebenden See nach verlorenen Brückensteinen getaucht, mit Erfolg! Über 100 Steine wurden aus dem Schlamm ca. 3 m unter der Wasseroberfläche geborgen. Zusätzlich haben wir geholfen, die Schloßkirche für das Aufsetzen der Kirchturmspitze vorzubereiten, die nach unserer Abreise im November installiert wurde.

Das Gefühl, etwas sinnvolles zu tun, hat uns alle enorm motiviert. Das Lob und der Dank der vorbei flanierenden Anwohner tat seines gleichen. Insgesamt kann man sagen, daß der Workshop der erste kleine Beitrag des VKF zu einem kleinen Stück innere Einheit Deutschlands war. Wir konnten Vorurteile abschwächen, vielleicht sogar abbauen.

Am Abend bei Bier und Schmalzbroten wurde das erreichte ausgiebig gefeiert und die weitere Zusammenarbeit zu Gunsten des Residenzschlosses vereinbart (im Rahmen der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern hat der VKF 1994 ein großes klassisches Konzert in Mirow veranstaltet). Am kommenden Morgen, nach einer weiteren kalten Nacht wurde das Wochenende von einem gemeinsamen Besuch in der Schloßkirche und einer anschließenden Führung durch Schloß und Gruft gekrönt. Es war trotz aller anfänglichen Berührungsängste ein sehr ermutigender Auftakt der VKF-Workshop Veranstaltungen.