VKF Himmelfahrtsworkshop 2022 in Gorzanow, Polen
26. – 29.05.2022
Nach zwei Jahren Corona Pause war es wieder so weit. Der VKF durfte endlich wieder dem nachgehen, was ihn so einzigartig macht: Aktive Hilfe am Baudenkmal und Engagement für das Kulturerbe. Dafür ging es dieses Jahr nach Polen. Für mich war es der erste VKF-Workshop. Ich wusste zwar grob, was bei einem Workshop gemacht wird und kannte auch die Grundidee dieser Workshops, trotzdem war mir zu Beginn nicht ganz klar, worauf ich mich da eingelassen hatte.
Ich stellte mir Fragen wie: Muss man da wirklich richtig arbeiten? Warum sollte ich Gummistiefel einpacken? Könnte das anstrengend werden?
Die Vermutung, dass tatsächlich körperlich anstrengende Arbeit auf mich zukommen könnte, bestätigte sich schon am Düsseldorfer Flughafen, als ich Louis mit Gummistiefeln hereinspazieren sah. Die Stimmung in der Gruppe war trotzdem von Anfang an sehr harmonisch und somit ging es für alle voller Tatendrang in den Flieger Richtung Breslau.
Bei dem diesjährigen Projekt des Workshops handelte es sich um ein Renaissanceschloss, welches in Gorzanów/Grafenort, etwa 2 Stunden von Breslau entfernt, liegt.
Kaum angekommen, gab es auch schon eine Schlossführung von Marek Heisig, dem Initiator der Stiftung, die das Schloss vor einigen Jahren übernommen hatte. Nach einer Vorstellung der einzelnen Räumlichkeiten und des Schlossparks stellte sich schnell heraus, wie viel ihm daran lag, das Ensemble mit Park und barocker Grotta vor dem Verfall zu bewahren und nach und nach zu renovieren.
Anschließend folgte die Team-Einteilung, bei der entschieden wurde, ob man die nächsten Tage mit Gummistiefeln bis zu den Knien im See oder Fluss des Schlossparks stand oder mit Vorschlaghammer und Spachtel arbeitete.
Ich wurde in das Team eingeteilt, das für den Fluss im Schlosspark zuständig war. Allerdings hieß es am ersten Tag erst einmal: Ankommen.
Der Abend wurde genutzt, um Bekanntschaft mit allen fast 50 „VKF’lern und natürlich dem polnischen Bier bei einem gemütlichen Abend und Kerzenlicht im Innenhof des Schlosses zu schließen.
Am nächsten Morgen sollte es dann losgehen. Nach einem kurzen Frühstück besorgte sich jedes Team die benötigten Werkzeuge und machte sich an die Arbeit. Die Aufgabe meines Teams war es, einen Fluss im Schlosspark, der völlig zugewachsen und dementsprechend kaum mehr sichtbar war, wieder frei zu legen und anschließend, wenn das Wasser wieder fließt, einen Damm zu bauen. Dementsprechend rüsteten wir uns mit Handschuhen, Schaufeln und Sensen aus. Am Fluss angekommen, war die erste Aufgabe das Unkraut in und am Fluss zu jäten. Bis zu den Knien standen wir im Wasser und machten uns an die Arbeit. Die erste Etappe war geschafft als alle zum Mittagessen gerufen wurden. Mittlerweile war einem schon mehrere Male Wasser in die Gummistiefel gelaufen und die zuvor noch blaue Jeans hatte modische braune Schlammflecken bekommen.
Zum Mittagessen gab es Nudeln. Doch wie viel Töpfe Nudeln müsste man denn Kochen für 50 Leute? Einen! So einen riesigen Topf, wie er im Schloss Gorzanów auf dem Herd stand, hatte ich noch nie gesehen.
Nach der Mittagspause ging es zurück an die Arbeit und der Fluss nahm so langsam wieder Formen an. Es plätscherte wieder und wenn man genau hinschaute, konnte man sogar einen Strom erkennen.
Abends fuhren wir alle in das nächste Dorf namens Klodzko. Vor dem Abendessen gab es eine Führung durch das kleine Städtchen, sehr detailliert und sehr unterhaltsam.
Am nächsten Tag musste der Damm zu Ende gebaut werden, pünktlich zum Mittagessen stand der Damm dann tatsächlich und letztendlich wurde aus der Aneinanderreihung zugewachsener Pfützen in zwei Tagen wieder ein richtiger Fluss.
Nachmittags wurde eine langjährige Tradition weitergeführt. Das Fußballspiel des Atletico VKF gegen die örtliche Mannschaft Zamek Gorzanow. Nach einem epischen Duell, welches mehr oder weniger auf Augenhöhe stattfand, musste der VKF eine 2:9 Niederlage einstecken. Die lautere Fankurve hatte wir natürlich trotzdem.
Zurück am Schloss, stand nun die Projektbegutachtung an. Mit Gin-Tonic Begleitung gingen wir zusammen alle Baustellen im und am Schloss ab, an denen die letzten Tage gearbeitet wurde. Jedes Team stellte sein vollbrachtes Werk vor. Es wurden alte Mauern eingeschlagen, ein Schlossteich wieder freigelegt, Wege im Schlosspark vom Unkraut befreit, ein Fluss zum Fließen gebracht sowie Wände und Türrahmen im Schloss mit Spachteln feingeputzt. Insgesamt ein voller Erfolg, der im Anschluss natürlich befeiert werden musste.
Wie es der Zufall so wollte, hatte Hausherr Marek am selben Tag Geburtstag. also gab es einen DJ am Abend und vorher noch eine private Theatervorstellung seiner Frau. Auch wenn die Meinungen zum Theaterstück sehr unterschiedlich ausfielen, ich würde das Theaterstück als sehr modern beschreiben, war der Unterhaltungswert jedenfalls hoch. Auf eine eingehendere Beurteilung werde ich an dieser Stelle verzichten.
Der Rest des Abends wurde genutzt, um die vollbrachte Arbeit zu zelebrieren und den Workshop ausklingen zu lassen, denn am nächsten Tag ging es schon wieder zurück nach Hause. Wie an jedem Morgen wurden alle von Nana Mouskouri‘s „Guten Morgen Sonnenschein“ geweckt, das aus der Musikbox ertönte, mit der Jan morgendlich durch die Gänge schritt. Nach hektischem Kofferpacken und Schlange stehen vor der Dusche haben es alle pünktlich zum Bus geschafft, der uns nach Breslau brachte. Eine wirklich schöne Stadt an der Oder, die sich zu Fuß, per Boot oder per Rikscha, je nach körperlichem „Nach-Workshop-Zustand“ erobern lässt.
Im Nachhinein war es eine wirklich sehr schöne Zeit in Gorzanow, die ich sehr genossen habe. Das aktive Erhalten von Kulturerbe mit „Hammer, Schaufel & Co.“ ist wirklich etwas Einzigartiges und wenn man das mit den richtigen Leuten zusammen macht, ist es auch gar nicht mehr so anstrengend!
Immanuel Rong, VKF-Workshopper seit 2022